Nach dem erfolgreich abgeschlossenen Umbau sind in den 1. Stock des Westflügels die bislang räumlich voneinander getrennten Kernsammlungen Gabriele Münter und Expressionismus eingezogen.
Durch die Zusammenlegung zweier Bereiche, die inhaltlich eng aufeinander bezogen sind, verdichten sich wesentliche erzählerische Stränge und didaktische Bezüge. Sie erleichtern dem Besucher den Zugang und das Verständnis für die Kunstrichtung des Expressionismus, seine Anfänge und Entwicklungsstufen in Murnau zwischen 1908 und 1914. Auch die bislang biographisch und chronologisch aufgebaute Präsentation von Leben und Werk Gabriele Münters erhält durch zentrale Verknüpfungen und direkte Werkbezüge zu den anderen Künstlern aus ihrem Umfeld vertiefende und weiterführende Impulse.
Die Neupräsentation ist auf die Bedeutung Gabriele Münters (1877−1962) und ihr in Murnau entstandenes künstlerisches Werk in den Jahren bis 1914, gemeinsam mit ihrem russischen Lebensgefährten Wassily Kandinsky und danach bis zu ihrem Tod 1962, ausgerichtet. Ihr Werk bildet den roten Faden, der sich von den frühen gemeinsamen Reisen mit Wassily Kandinsky, dem legendären Malsommer in Murnau, der Gründung der Neuen Künstlervereinigung München und des Künstlerkollektivs Der Blaue Reiter bis hin zu den Kriegswirren und ihrem Neuanfang in Murnau spannt.
Als eine auf den ersten Blick überraschende Installation dieser Neueröffnung mag das Werk „Untitled (Franz Marc), 2017“ des zeitgenössischen Künstlers Norbert Bisky (geboren 1970) erscheinen. Diese Arbeit entstand 2017 anlässlich der Ausstellung „Vermisst! Der Turm der Blauen Pferde von Franz Marc“, die vom Haus am Waldsee Berlin in Kooperation mit der Staatlichen Graphischen Sammlung München organisiert wurde. Nach intensiver Recherchearbeit malte Bisky das 1945 verschollene Gemälde von Franz Marc zunächst originalgetreu nach. Anschließend zerstörte er es.
Innerhalb der Neupräsentation steht dieses Werk für den sich in den letzten Jahrzehnten veränderten Blick auf das Schicksal der expressionistischen Bilder während der beiden Weltkriege und der Zeit der Nationalsozialisten. Künstler waren verfemt und ihre Kunst als entartet gestempelt worden, Besitzer waren enteignet worden, zahllose Werke wurden zerstört oder sind verlorengegangen und gelten noch heute als vermisst. Das Schicksal der Kunstwerke und die Provenienzforschung stehen heute mehr denn je im Fokus der Museumsarbeit.
Die Ausstellungsgestaltung wurde durch die Münchner Ausstellungsgestalterin Katharina Kuhlmann (Durchschrift) gemeinsam mit dem Ausstellungsgestalter Alfred Küng und den Architekten Tobias Fürst und Hans Niedermaier (FUN-Architekten, München) entworfen. Sie hatten den im Frühjahr 2021 durchgeführten Gestalterwettbewerb gewonnen.